Buddel, buddel

Ich leite gerade eine Trauerfeier. Anschließend führt der Trauerzug zum Grab. Am Grab sehe ich aus dem Augenwinkel in der Reihe daneben, drei Gräber entfernt, eine Frau emsig bei der Grabpflege.

Erstmal konzentriere ich mich auf meine Aufgabe: Worte am Grab, „von Erde bist du genommen …“, die Angehörigen treten zum Grab und verabschieden sich. Das ist der schmerzlichste Moment einer Beerdigung. Ich trete zur Seite, denn meine Aufgabe ist erfüllt.

Nun habe ich Zeit, mich unauffällig umzusehen. Die Frau da vorne buddelt unverdrossen an der Grabstelle. Rupf, rupf, nun ist das Unkraut dran. Ich lenke meinen Blick zurück zu den Angehörigen, die die Beileidswünsche entgegennehmen. Eine Gruppe von Trauernden steht danach zusammen und unterhält sich leise. Ich drehe mich verstohlen nach der Frau um: Häcker, häcker, nun wird die Erde gelockert.

Vor meinem inneren Auge taucht die Filmszene auf, wo ein Leichenzug durchs Dorf und zum Gottesacker zieht. Die Menschen, die ihn sehen, lassen ihre Arbeit ruhen, verharren und senken ihren Kopf. Männer nehmen ihren Hut ab. Alles ist mit schwermütiger Musik unterlegt und strahlt … ja was? Pietät aus.

Foto: Luís Feliciano auf Unsplash

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