Die Last Night of the Proms in London naht. Die meisten Menschen denken, dass die Proms zwei Monate lang Spaßkonzerte bieten, und dass die Last Night eben das letzte ist. Früher konnte man das denken, denn in der Mitte der Arena, also dem flachen Grund der Royal Albert Hall, stand ein Springbrunnen. Darin schwammen meist ein Aufblaskrokodil, einige Badeenten und anderes Schwimmgetier.
Der Springbrunnen ist seit Jahren verschwunden, um gelegentlich dort Kamera, Mischpult oder sogar eine Stegbühne für Shows einrichten zu können. Doch der Springbrunnen ist unvergessen. So hat sich eine Messenger-Gruppe von Prommers „Hinter dem Springbrunnen“ genannt, um diese Erinnerung zu pflegen.
In der Konzerthalle sitzen ein paar tausend Zuhörer wie in einem Amphitheater auf ansteigenden Rängen und in Logen. Doch echte Promenader, kurz: „Prommer“, die 1000 Menschen mit Stehplatzkarte in der Arena, stehen jedes Konzert durch. Echte Prommer sind voller Enthusiasmus täglich in der Arena und lauschen mucksmäuschenstill den Klassik-Konzerten oder sie sind laut bei beispielsweise dem Soul-Abend in diesem Jahr. Schließlich wird jedes Konzert von der BBC live im Radio übertragen und einiges im Fernsehen gesendet.
Diese Vereinnahmung durch Musik verschafft sich am letzten Abend, der Last Night, ein Ventil: Länderfahnen werden geschwenkt, viele sind kostümiert oder tragen eine Art Karnevalshütchen, und dauernd geht eine Tröte oder Pfeife los oder es platzt ein Luftballon.
Zum Schluss sind alle traditionellen, patriotischen Lieder auswendig mitgesungen und das Programm wird mit der Nationalhymne beendet. Alle im Publikum fassen sich mit verschränkten Händen und stimmen Auld Lang Syne an: „Should auld acquaintance be forgot…“ – wir sehen uns nächstes Jahr wieder! Beim Wiedersehen im Juli wünschen sich echte Prommer: „Happy New Year!“
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