Wenn alle anderen klatschen! In Klassik-Konzerten und in der Oper gibt es dafür ungeschriebene Gesetze. In chronologischer Reihenfolge: Beim Auftritt des Orchesters klatscht man als Willkommensgruß. Fortgeschrittene applaudieren extra, wenn der Dirigent auf die Bühne kommt. Super-Vorteil: Von den billigen oberen Plätzen im Theater sieht man als erstes, wenn der Dirigent sich durch den Orchestergraben schlängelt. Dann klatschen die wahren Musikliebhaber. Trotzdem Augen auf, denn wenn es nur der Orchesterdiener mit den Noten ist, ist kein Klatscher angesagt!
Bei populären Opern oder Konzertprogrammen klatschen die meisten Zuhörerinnen und Zuhörer zu früh. Genießer in nördlichen Breiten warten den definitiven Schluss des Stückes ab, schweigen und klatschen erst dann. In südlichen Ländern ist es völlig üblich, schon Arien- und Stückanfänge begeistert zu beklatschen. Der Schriftsteller und Kolumnist Max Goldt meint dazu augenzwinkernd, dass die meisten Menschen klatschen, weil sie das Stück kennen.
Der Genießer kennt und schätzt natürlich abseits der ausgetretenen Pfade zu Unrecht Vergessenes. Und klatscht als Anerkennung für die künstlerische Leistung. Einmal erlebte ich in der Berliner Philharmonie zu Beginn eines Konzertes eine endlose Rede einer wichtigen Verwaltungsperson. Irgendwann kam jemand auf die Idee, einfach zu klatschen. Der Applaus brandete auf und wollte nicht verebben. Die Rede war damit schnell zu Ende. Fies, aber wirkungsvoll, denn gegen Applaus kann doch nun niemand etwas haben!
Zum Schluss der Aufführung ist es höflich, so lange zu klatschen, bis der letzte Vorhang gefallen ist oder die Lichter angehen. Also nicht in Gedanken schon ins Parkhaus stürzen und sich in die Ausfahrtschlange einreihen, denn andere sind immer schneller. Wer klimaschonend den letzten Zug noch erwischen muss, dem sei frühes Rausgehen verziehen.
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