… und unsern lieben Nachbarn auch!

Im Publikum bin ich nicht allein auf dieser Welt. Deswegen grüße ich meine Sitznachbarin nett, wenn ich mich setze. Immerhin muss ich den ganzen Abend nah neben einem völlig fremden Menschen sitzen und wünsche mir eine entspannte Atmosphäre. Wenn ich zu zweit bin, teile ich mir die mittlere Armlehne mit meinem Schatz. Ich bestehe nicht bräsig auf beiden Armlehnen, denn meine Nachbarin möchte vielleicht auch eine Armlehne belegen.

Natürlich sind es immer die anderen, deren Benehmen mich stört. Muss sich der da so weit vorbeugen? Ich sehe nur die halbe Bühne! Zu meinem eigenen Trost weiß ich, dass die meisten irgendwann in ihre Rückenlehne sinken. Geflüster hier, leise Kommentare dort. Meist geben die Schwatzdrosseln nach der Ouvertüre Ruhe. Oder zischel ich vorbeugend mal in deren Richtung?

Also, ich genieße meinen Abend ohne Smartphone. Das leuchtende Display da vorne stört mich kolossal. Wie gesagt, es sind immer die anderen. Reißt mich beim Schlussapplaus die exzellente künstlerische Darbietung vom Sitz? Oder will ich zeigen, dass es mir der Kartenpreis im Parkett heute wert war? Huch, was will denn der da hinter mir? Ich soll mich setzen? Mir schwant, dass er beim Applaus die Kehrseite von meinem Partner und mir nah vorm Gesicht hat.

Foto: Brock Wegner auf Unsplash

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